STÄDTE – OCHSENFURT
Ochsenfurt
Aquarellkurse werden regelmäßig angeboten – in Venedig, in der Provence, der Toskana, der Steiermark oder am Gardasee. Alle Kurse, die in diesen südlichen Regionen stattfinden, sind fast immer schnell ausgebucht! Aber Ochsenfurt? Wer malt denn in Ochsenfurt, und warum gerade dort? Vor Jahren hatte mich ein mittelständischer Betrieb östlich von Dortmund beauftragt, ein Firmenprofil in Aquarell anzufertigen. Zwölf dieser Motive wurden anschließend zu einem Aquarellkalender zusammengefasst. Solche Ansichten male ich nie nach Postkarten oder Fotografien, sondern stets vor Ort, weil sich nur so die richtige Atmosphäre einfangen lässt. Dafür bin ich einige Male mit dem Zug angereist. Und gleich bei der ersten Fahrt, als der Zug in der Maingegend das Fahrtempo etwas zurücknahm, fuhren wir ziemlich dicht an einem fränkischen Ort vorbei. Ich sah vom Zugfenster aus, dass dort auf verhältnismäßig kleiner Fläche etliche Stadttürme stehen. Obwohl die Vorbeifahrt nur einige Sekunden dauerte, war ich aufmerksam geworden. Bei der Rückfahrt auf derselben Strecke konnte ich die Stadt Ochsenfurt ausmachen. Nicht sehr weit entfernt davon liegt der Verlag, der seit zwanzig Jahren meinen Aquarellkalender herausgibt.
Da war es naheliegend, den nächsten Besuch bei meinem Verlag mit einem Besuch von Ochsenfurt zu verbinden. Das Auto stellte ich kurzerhand am Main ab und hielt Ausschau nach einem Taxi. Aber warum denn ein Taxi suchen, wenn man das eigene Auto dabei hat? Ein Taxifahrer, der seine Stadt nicht gut, sondern sehr gut kennt, sollte mir zeigen, von welchem Standpunkt aus man den „Schokoladenblick“ auf Ochsenfurt genießen kann. Auf Schleichwegen, die ich nie gefunden hätte, fuhr er mich haargenau dorthin, und nach drei Stunden holte er mich von dort wieder ab. Soviel zur Entstehungsgeschichte dieses Ochsenfurt-Panoramas.
Blick von der Hauptstraße auf das Rathaus, begonnen im August, fertig gestellt einen Monat später.
Die unverwechselbaren Fachwerkhäuser mit den kunstvoll geschmiedeten Gasthaus- und Firmenschildern – das ist die gute Stube von Ochsenfurt. Weil es nach einer guten Stunde zu regnen anfing, konnten wir nicht weitermalen, jedenfalls nicht da, wo wir begonnen hatten. Aber wir hatten vorgesorgt für solche Zwischenfälle: In dem Stadthotel, wo Malschüler und Kursleiter untergebracht waren, gab es einen genügend großen Raum, in dem wir ohne Regenschirm weiter malen konnten – und den uns das Hotel später nicht in Rechnung gestellt hat.
Erster Maltag 14. August 2016
Dies ist eines der Motive, bei dem der ehemalige Stadtgraben sowie die Befestigungsanlagen und Türme besonders zur Geltung kommen. Nicht alle Malfreunde hatten Verständnis für das kleine Klohäuschen rechts in der Ecke. Mir war es dagegen sehr willkommen, weil es mir die Möglichkeit gab, an dieser Stelle ganz bewusst einen farblichen Akzent zu setzen und in der Farbkomposition einen türkisfarbenen Klecks unterzubringen. Immer wieder haben uns Passanten bei unserer Arbeit zugeschaut. Nach vier Tagen Malen im Freien waren wir bekannt wie bunte Hunde. Es kommt eben doch nicht so oft vor, dass sich jemand irgendwo in der Stadt auf seinen Klapphocker setzt und anfängt zu malen…
Zweiter Maltag 15. August 2016
Gegenüber der Hauptkirche liegt diese zusammenhängende Fachwerkzeile, die sich aus zwölf Gebäuden zusammensetzt. Meine Malschüler waren alle begeistert, und jeder suchte sich den Blickwinkel aus, der ihm am besten gefiel. Bei diesem Motiv sind die zusammenhängenden Fachwerkhäuser der unbestrittene „König“. Die anderen Elemente wurden ganz bewusst weniger stark betont.
Dritter Maltag 16. August 2016
Vierter Maltag 17. August 2016
Den besonderen Reiz dieses mittelalterlichen Stadtbildes machen seine Türme aus, die Jedermann begeistert. Wir wollten möglichst viele auf einem Blatt haben und sind dafür über die wiedererrichtete Mainbrücke ans nördliche Ufer gezogen bis dorthin, wo das Gelände wieder ansteigt und die Weinberge beginnen. Von hier aus bot sich das Stadtpanorama an, bei dem wir uns gerne auf der rechten Hälfte weniger hohe Bäume gewünscht hätten. Aber Stadtgestaltung und Naturschutz lassen sich nicht immer miteinander in Einklang bringen. Es gibt aber auch Städte, bei denen auf solche Details geachtet wird.